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Max Bing

Das Haus in der Kronenstraße 17 von Max Bing

Das Haus in der Kronenstraße 17

Hermann Edmund Max Bing, geboren 15. Dezember 1857 in Schandau als Sohn eines Klempnermeisters – gestorben 22. April 1920 in Dresden

1902 startete der Bau des Großen Saals der Enders-Brauerei mit der Dachkonstruktion durch den Architekten Max Bing. Am 22. März 1902 hatte er die Zeichnung der Dachkonstruktion unter einem flachen Satteldach mit der bis heute charakteristischen Spitze für den Bauantrag eingereicht. Am 16. Juni beantragte Enders schon die Rohbauabnahme und am 22. Oktober die Gebrauchsabnahme. Es gab damals keinen Acht-Stunden-Tag. Der Große Saal entstand übrigens als Zeugnis seiner Zeit vor dem so genannten, erhalten gebliebenen Kaisersaal im einstigen Hotel Esplanade, das 1907/08 errichtet worden war.

Die charakteristische Dachspitze prägt das Signet des Bildungs- und Kulturzentrums Peter Edel. Ein anderes Charakteristikum dieses Mannes, von dem es keine komplette Vita oder gar ein Foto gibt, ist seine schwungvolle Unterschrift in den Bauunterlagen. Das M des Vornamens beginnt stets mit einem kleinen Kringel. Er ist auf der Eheurkunde zu finden wie auf den standesamtlichen Unterlagen, die die Geburt seiner Kinder bestätigen.

Die Bauakten bezeugen seine Fähigkeiten als Architekt und Baumeister: Sorgfältige Konstruktionen und Berechnungen, kluge handschriftliche Bemerkungen zu Änderungen. Die Bezeichnung „Atelier für Architektur und Bauausführungen“ im Stempel auf den Bauunterlagen belegt, dass er wie, zu seiner Zeit üblich und der Ausbildung an Baugewerkeschulen entsprechend, alles verantwortete und beeinflusste, vom Dach bis zum Keller, außen wie innen.

Der Geburtseintrag des Sohnes Erich Martin Bing, ein Aktenfund im Bundesarchiv zu dessen Person sowie weitere Wohnadressen erweisen sich als wichtige Teilchen im Puzzle der Vita. Eine entscheidende Lebensstation war Dresden. Um 1865 übersiedelte Familie Bing sen. In die sächsische Metropole, wo sie in der Ammonstraße 35 wohnte. 1854 starb der Vater. Sohn Max muss ein sehr guter Schüler gewesen sein, zielstrebig, begabt und praktisch veranlagt. Die spätere Ausbildung zum Baumeister, vermutlich an der Staatsbauschule Dresden, setzte das 16. Lebensjahr und eine praktische Tätigkeit als Maurer oder Zimmerer voraus. Der Unterricht im Winterhalbjahr umfasste fünf Semester. Das Studium beinhaltete die Bauwissenschaften, das Entwerfen von Bauwerken und -konstruktionen, Freihandzeichnen, Mathematik und Physik, Projektionslehre, Perspektive, Feldmessen sowie deutsche Sprache und Buchhaltung.

Stilprägend werden zu jener Zeit in Dresden wie anderen Orts der Neobarock oder typische Mischformen des Historismus, die auch bei Bings Bauten erkennbar sind. Das expandierende kaiserlichen Berlin zieht ihn und viele andere an die Spree. 1888 heiratet er dort Anna Emilie Gertrud Günther. 1889 wird sein Name erstmals im Berliner Adressbuch aufgeführt, seit 1905 mit einer attraktiven Adresse: Unter den Linden 53 in alter Zählung, nordseitig nahe Ecke Friedrichstraße.

1899 beteiligte sich Bing gemeinsam mit Otto Scheer, einem Architekten aus Schöneberg, am Wettbewerb für das Nyegaard-Stift im damals preußischen Altona bei Hamburg. Der Entwurf erhielt zwar keinen Preis, wurde jedoch zum Ankauf empfohlen.

1908/09 im heutigen Neukölln, dem damaligen Rixdorf, ist der Datenbank des Landesdenkmalamtes das Wohn- und Geschäftshaus Erkstraße 1A erfasst. Im Zusammenhang mit dem Neubau des Rixdorfer Rathauses wurde es umgebaut. Als Bauherren sind ausgewiesen Zimmermeister Wilhelm Gäbel und „Eigentümer Max Bing, Baumeister, Atelier für Architektur und Bauausführung, Berlin N.W. 7, Unter den Linden 53“. Die Fassade wurde vom Städtischen Hochbauamt gestaltet: ohne Erker, ohne durchgehenden Balkon, ohne Eingang zur Erkstraße und hatte einen hohen Eckturm (Berliner Ecke). Erster Entwurf von Bing selbst war als kleinteilig-historistisch verworfen worden. Entscheidenden Einfluß hatte vermutlich Stadtbaurat Reinhold Kiehl. Offenbar störten Bings Vorstellungen das Bild vom neuen Rathauses mit seinem schlanken 64 Meter hohen Turm.

Ein sehr prominenter Bauherr Max Bings war der Berliner Chocolatier und Kaiserliche Hoflieferant Theodor Hildebrand, der 1911 ihn und den Kollegen Heinrich Förstchen aus Friedenau mit Neubauten in der Leipziger Straße 100 und das Haus Kronenstraße 17 beauftragte. Sie gehörten so fortan zu den Mitgestaltern der Berliner City-Architektur, die im 2. Weltkrieg vernichtet oder schwer beschädigt wurde. Im Adressbuch sind der Architekt und der Kommerzienrat seit 1913 mit den Geschäftsdressen in der Potsdamer Straße 22a erreichbar. Wohl mehr als ein Zufall, oder?

Im Bundesarchiv findet sich ein Fragebogen der NSDAP Gau Berlin vom 5. November 1935 zu Bings Sohn Martin. Er war gelernter Bankkaufmann sowie Behördenangestellter und seit 1931 Mitglied. Die Frage „Wo tätig?“ beantwortete er mit „Landesfinanzamt-Berlin Devisenstelle“. Dies war die zentrale Behörde im Finanzamt Moabit-West, welche die Nazi-Gesetze vollzog, um allen deutschen Staatsbürgern, die rassistisch als Juden gebrandmarkt wurden, die wirtschaftlichen und sozialen Exi-stenzgrundlagen zu entziehen. Betroffen war u. a. Ignatz Nacher, in dessen Besitz 1911 die Enders-Brauerei übergegangen war und dann bis 1921 als „Berg-Brauerei Nacher & Co.“ firmierte (ursprünglicher Standort war die Bergstraße in Mitte). Das gleiche Schicksal erlitten viele Verwandte Peter Edels wie seine Großtante Eva Edel sowie die Malerin Julie Wolfthorn und deren Schwester, bei denen seine Mutter und er Zuflucht in der Kurfürstenstraße 50 gefunden hatten.

Die Geschichte des Bildungs- und Kulturzentrums Peter Edel offenbart viele Seiten.

Staatsbauschule im Stadtwiki Dresden

• DEUTSCHE BAUZEITUNG, XXXIII. Jahrgang No. 57. vom 19. Juli 1899 Seite 364 sowie Nyegaard-Stift in Hamburg

• Berliner Architekturwelt Ausgabe 15.1913; Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen-Ausgabe 11. April 1911 Seite 21

• Klaus Tragbar „Die Erben Vitruvs. Schlaglichter zum Beruf des Architekten in Italien im 19. und 20. Jahrhundert“ in: Winfried Nerdinger, Hrsg.: Der Architekt. Geschichte und Gegenwart eines Berufsstandes. 2 Bände. München 2012, Bd. 1, S. 201

Unter der Lupe: Schokolade mit Tradition. Die Hildebrand-Kakao und -Schokoladenfabrik

• Paul Wietzorek „DAS HISTORISCHE BERLIN“, Bilder erzählen, MICHAEL IMHOF VERLAG GmbH 6 Co. KG, 2016 (7. aktualisierte Auflage, 1. Auflage 2005)

• „Unter den Linden – Photographien“, Mit einem Essay von Dieter Hildebrandt, Bilderläuterungen von Hans-Werner Klünner, Nachwort von Jost Hansen, 1991 Argon Verlag GmbH Berlin

Leipziger Straße auf www.diegeschichtberlins.de

 

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